Sonntagabend in Chișinău, der Hauptstadt von Moldau. Wir sitzen im Haus von Julian, der uns nach Ankunft in der Stadt zu sich eingeladen hat. Dort treffen wir viele junge Aktivist*innen, die sich zum Basteln um einen langen Tisch versammelt haben – sie kommen sowohl aus der Ukraine als auch aus verschiedenen Teilen Moldaus.

Seit Februar stehen sie jede Woche vor der russischen Botschaft in Chișinău, machen auf die anhaltenden Angriffe gegen die Ukraine aufmerksam. Für den damals kurz bevorstehenden Unabhängigkeitstag der Ukraine, den 24. August, haben sie sich eine besondere Aktion ausgedacht: Mit „Blumen“ aus Watte und Ästen wollen sie darauf aufmerksam machen, wie der Krieg sprachlich noch immer verharmlost wird. Durch Aktionen wie diese sorgen sie dafür, dass die großangelegten Angriffe auf Städte in ihrem Nachbarland auch nach einem halben Jahr präsent bleiben. In Gesprächen mit ihnen hören wir immer wieder den Satz: „So lange der Krieg dauert, so lange werden wir Tag für Tag vor der Botschaft stehen und protestieren!“
Nicht nur Julian, in dessen Wohnzimmer sich die Gruppe jeden Sonntag trifft, beeindruckt dieses langanhaltende Engagement:

„Die Atmosphäre ist besonders – Das Durchhaltevermögen und die Kraft, die aus den gemeinsamen Abenden hervorgeht, war auch für uns direkt spürbar.“

– Kira, Freiwillige bei SHL

Wie wichtig gemeinsames Engagement und Ausdauer sind, wurde auch im weiteren Verlauf unserer Reise deutlich. Mit Julian besuchten wir mehrere Dörfer, in denen er mit dem Verein EcoViso und den Spenden von Schüler Helfen Leben die Renovierung von leerstehenden Häusern organisiert. Dank dem schnellen und motivierten Einsatz vieler Menschen konnten schon viele Familien aus der Ukraine in eigenen Häusern oder bei Gastfamilien unterkommen und so ein neues Zuhause finden.

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Da ein Ende des Kriegs in der Ukraine noch nicht absehbar ist, blickt er gemeinsam mit den Familien jedoch auch schon auf die nächsten Monate: Der Winter steht bald vor der Tür und bringt neue Herausforderungen. Die durch den Krieg stark steigenden Gaskosten werden es für Gastfamilien noch schwieriger machen, Geflüchtete zu beherbergen. Und auch in den zuvor leerstehenden Häusern könnten ungedämmte Außenwände und schlecht isolierte Fenster bald zum Problem werden. Deshalb wird bei den Bauarbeiten vor allem auf Energieeffizienz gesetzt: Oleg erklärt uns, dass ein Ofen bewusst direkt neben das Schlafzimmer gebaut wurde und durch Schächte das ganze Haus mit Wärme versorgen kann. So soll schon jetzt sichergestellt werden, dass auch ein längerfristiger Aufenthalt der Geflüchteten möglich ist.

Und doch wird es für viele von ihnen es kein dauerhaftes Zuhause bleiben, wie wir in Gesprächen erfahren konnten: Eine Frau erzählt uns, dass sie plant, mit ihrer Familie wieder in die Ukraine zu ziehen, wenn der Krieg vorbei ist. Wann genau das sein wird, weiß leider noch niemand.
Es bleiben viele Ungewissheiten, die gerade für Kinder und Jugendliche ein Problem darstellen. Vielen von ihnen fällt es schwer, an ihren mittelfristigen Wohnorten richtig anzukommen und Kontakte zu knüpfen – auch, da der Schulunterricht größtenteils weiterhin online stattfindet.

Wie EcoVisio mit weiteren kleinen Organisationen vor Ort auf diese Herausforderungen reagiert, konnten wir in Cociulia erfahren. In einem ehemaligen Schulgebäude, das wegen des starken Bevölkerungsrückgangs inzwischen leer steht, finden mehrtägige Seminare und Freizeitangebote statt, die von jungen Menschen aus ganz Moldau besucht werden. Sie können von dort aus Ausflüge machen, künstlerische Workshops besuchen und neue Freund*innen finden. Mit diesen Angeboten soll Kindern und Jugendlichen eine Auszeit von den andauernden Sorgen über den Krieg und der ständigen Unsicherheit ermöglicht werden, erzählt uns der Sozialarbeiter, der gerade das Haus für eine bald ankommende Seminargruppe vorbereitet.

Die Eindrücke aus Moldau und die Gespräche vor Ort haben uns vor allem gezeigt, wie wichtig ein langfristiger Blick und die Aufrechterhaltung von bestehenden Strukturen geworden sind. Egal ob das politische Engagement, die neu geschaffene Infrastruktur oder die Begleitung von jungen Menschen – für all diese Aufgaben braucht es weiterhin großen Zusammenhalt und Unterstützung.

Ihr könnt jetzt mithelfen und spenden! Unsere Spendenkampagne läuft weiter. So könnt ihr entweder hier direkt Spenden oder als Schüler*in oder Lehrer*in mit eurer Schule am Sozialen Tag mitmachen, um Kinder und Jugendliche, die vom Krieg in der Ukraine betroffen sind, zu Unterstützen. Dank eurer anhaltenden Unterstützung wird bald auch das im Text erwähnte Schulgebäude mit einer energetischen Dämmung versehen. Über die weiteren Fortschritte halten wir euch natürlich auf dem Laufenden!